Geschichte des Obst- und Gartenbauvereins Heidelberg-Handschuhsheim e.V.
Gegründet wurde der Verein, der damals noch „Pomologen- Obst- und Weinbauverein“ hieß am 13. März 1922 im Gasthaus „Zum Deutschen Kaiser“. Die Gärtner hatten sich bereits 1902 in der Gärtnervereinigung Viola zusammengeschlossen. Kulturbedingt vollzieht sich der Gemüsebau im Einjahresrhythmus. Obstbäume und Weinstöcke sind über Jahrzehnte dieselben. Irgendwann sind die Bestände überaltert und neue, bessere Sorten gefragt.
Die Idee zur Gründung hatte der aus Weisenheim in der Pfalz stammende Jakob Gress, den es der Liebe wegen nach Handschuhsheim verschlagen hatte und der familiäre Wurzeln im Obst- und Weinbau hatte. Obwohl er Kaufmann war, kannte er sich bestens in dem Metier aus und erkannte die Notwendigkeit der Gründung eines Vereins um die gemeinsamen Interessen der Erzeuger und die Vermarktung der Produkte zu bündeln und so wurde er von 13 Gründungsmitgliedern zum 1. Vorstand gewählt.
Gründungsmitglieder waren: Jakob Vogt, Heinrich Bürgy, Heinrich Bechtel, Georg Bechtel, Heinrich Schmitt, Johann Wagner, Johann Heß, Heiner Mutschler, Fritz Genthner, Karl Hübsch, Peter Reinhard und Fritz Wagner
Die schweren Zeiten nach dem 1. Weltkrieg waren noch spürbar und die Inflation machte die Lage auch nicht einfacher. Trotzdem arbeitete man zusammen am Aufbau des Gemüse- und Obstanbaus von dem man auch leben konnte. Viele Obstbäume und Reben waren in die Jahre gekommen und brauchten dringend eine Verjüngung. Oft waren auch die Sorten nicht bekannt oder von minderer Qualität. Damals war die Landwirtschaft noch von größter Bedeutung. Die Gesamtgemarkung bestand aus 3850 Morgen Land, die auf Ackerland, Weinberge, Wald, Wiesen, Kastanienwald (f. Wingertpfähle etc.) und Gartenland verteilt waren. Es gab viele Bauern mit Viehwirtschaft und Pferden und erst nach und nach verlagerte sich das Hauptaugenmerk auf die Gärtnereien und den Obst- und Gemüseanbau sowie in Frühgemüseanbau in Gewächshäusern. Der Weinbau trat auch bedingt durch neue eingeschleppte Schädlinge/Krankheiten (Reblaus, Falscher Mehltau…), gegen die man oft keine Gegenmittel hatte, in den Hintergrund. Man baute z.B. Zwiebeln, Gelberüben, Bohnen und Kopfsalat an. Wenn ein Bauer damals von größeren Mengen sprach waren das in der Regel so 200-300 Stück. Heute werden dagegen ca. 3 Millionen Stück pro Jahr produziert, was daran liegt, dass schneller und optimierter angebaut wird. Auch wurden früher nur vereinzelt Tomaten, die Paradiesäpfel (Paradeiser) genannt wurden angebaut. Allerdings nur als Zierpflanzen und für einige Kenner, da die Einheimischen diesem seltsamen Gemüse einfach nicht trauten ;-)! Heute gibt es große (bis zu 20.000 Pflanzen) Mengen davon und sie werden mittlerweile auch von den Einheimischen geliebt :-)!
Man machte sich damals zuerst einmal daran alle alten Bestände zu katalogisieren und sukzessive zu verjüngen. Bereits im ersten Gründungsjahr fand im Mai ein praktischer Schnittkurs und im Juli ein erster Lehr-Ausflug in die Pfalz statt. Im Herbst veranstaltete man dann schließlich eine Obstausstellung im Gasthaus „Zum goldenen Adler“ (Gilberts) um den Verein auch in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Zudem kamen fast jeden Monat Treffen mit Fachvorträgen in wechselnden Handschuhsheimer Gaststätten hinzu, um die Menschen zu lehren, wie man Pflanzen pflegt, düngt, spritzt, veredelt und erneuert. Man besorgte für die Mitglieder Obstbäume zur Neupflanzung, Rebscheren, Spritzmittel (Karbolineum), Raupenleim und Edelreiser zum Umpfropfen. Damals waren nicht nur die Berufsgärtner, sondern auch viele Familien auf die eigenen Erzeugnisse angewiesen und dankbar für Tipps die den Ertrag steigerten. So wurden immer mehr Menschen Mitglied im OGV zumal bei den Treffen auch Pflanzen getauscht oder Ableger abgegeben wurden. Zu einem weiteren Aufschwung im Handschuhsheimer Feld führte die Gründung der Großmarkthalle am 25. Mai 1930. Sie ermöglichte es den Erzeugern größere Mengen Obst und Gemüse ohne großen Zeitverlust auch außerhalb zu vermarkten. Die für damalige Verhältnisse großen Erträge gingen z.B. per Bahn bis nach Hamburg und in weitere Großstädte um auch diese mit gesundem Obst und Gemüse zu versorgen. Eine weitere Neuerung war die Versorgung des Feldes mit Wasser durch Gründung des Nutzwasserverbandes. Bis heute neben den fruchtbaren Böden eine wichtige Säule für den ertragreichen Obst- und Gartenbau im Handschuhsheimer Feld.
Im Jahr 1936 musste sich der Verein kurzfristig in „Gartenbauverein, Fachgruppe Obstbau“ umbenennen und erhielt erst nach dem Krieg 1945 seinen jetzigen Namen. Während des 2. Weltkrieges und auch kurz danach war eine Vereinsarbeit kaum möglich, da viele Mitglieder zum Wehrdienst eingezogen wurden. In dieser Zeit ließen sich aber aus der Not heraus viele Frauen in Schnitt und Pflege der Obstsorten ausbilden und übernahmen so die Aufgaben der Männer.
Erst nach dem Krieg im Juni 1948 gab es wieder die erste öffentliche Veranstaltung und zwar eine Kirschenschau die sich größter Beliebtheit erfreute.
Die Mitgliederzahlen des Vereins stiegen seit der Gründung stetig an. Auch bedingt durch den Strukturwandel von Haupt- zu Nebenerwerbsbetrieben und heute immer mehr Freizeitgärtnerinnen und Freizeitgärtner. Durch den Ausbau der Universität sind dem Handschuhsheimer Feld stets Ackerflächen verloren gegangen. Erfreulicherweise konnten sich einige Gärtnereien im Haupterwerb halten. Heute oft ergänzt durch die Direktvermarktung, mit kurzen Wegen vom Erzeuger zum Verbraucher. Wir sind froh, dass wir, zusammen mit den anderen „Feldvereinen“, diese Anbauflächen im Handschuhsheimer Feld bisher retten konnten und sie uns weiterhin mit frischem Obst und Gemüse versorgen. Alles vor unserer Haustür, auf kurzen Wegen.
Für viele Menschen ist das Feld und seine Gärten immer ein Grund für einen erholsamen Spaziergang und auch Kinder können so vor Ort erfahren, wie Obst und Gemüsepflanzen überhaupt aussehen und angebaut werden. Dazu kommt noch dass der Boden bestes Ackerland mit wertvollem Lössboden ist, was ebenfalls der Qualität der Produkte zu Gute kommt.
Heute im Jahr 2021 zählt der Verein mehr als 500 Mitglieder und es kommen auch wieder jüngere Mitglieder hinzu, die sich ebenfalls für das Gärtnern interessieren. Im Verein sind aber nicht nur Erwerbsgärtner und Profis auch wer kein Erwerbsgärtner ist und keinen eigenen Garten sein eigen nennt ist bei uns willkommen! Man kann auch auf kleinstem Raum z.B. mit Zimmerpflanzen oder dem Balkon etwas zur Erhaltung der Natur selbst in der Stadt beitragen. Gerade in Zeiten von Corona, so haben wir gelernt, ist ein Garten eine sinnvolle und erfüllende Beschäftigung und eine Oase für die Seele.
Erste Vereinsvorsizende seit Beginn der Gründung:
- 1922 – 1932 Jakob Gress
- 1932 – 1940 Karl Hübsch
- 1940 – 1943 Karl Naumer
- 1943 – 1974 Georg Heß
- 1974 – 1993 Walter Genthner
- 1994 – 1999 Franz Liedvogel
- 2000 – 2016 Frank Wetzel
- 2017 – heute Heinrich Schröder
Quellen: Heinrich Huber, Heinrich Bürgy, Heinrich Schröder, Claudia Wallenwein
Bücher: